Nach drei Wochen auf der anderen Seite des Kudamms wieder herauszukommen, aufzusteigen aus der Tunnelhitze und die Welt nicht verstehen können, weil sie rückwärts aussieht und vorwärts dreht und zu merken, dass es nur das eigene selbst ist, das rückwärts sieht und vorwärts geht, das ist verwirrend, das ist komisch. Das ist erwartet. Für eine Minute suche ich den Bus, der mich in die falsche Richtung fahren soll, dann, als ich an der ersten roten Ampel warte, ist da doch kein vertrautes Rockrot unter meinen Händen und ich bleibe nicht stehen und gehe bei Rot, weil ich das Rauschen meiner Erinnerungen auch schon fast nicht mehr ertrage, Sehnsucht, süße. Ich kann mich nicht entscheiden, probiere Locken und Sommersprossen, die ich versäumt habe zu zählen, weil meine Augen geschlossen waren, immer dann, wenn ich sie hätte zählen können, immer dann nur die Lippen geöffnet, immer dann.
Es ist verwirrend, es ist komisch, nach drei Wochen mit ihr hier bei mir, mit ihr hier unter offenen Fenstern gelebt, geliebt so sehr geliebt, hier nun allein am Tisch zu sitzen, das Herz unter der Tastatur, es ist still, hier, ich traue mich fast nicht Musik anzumachen, und wenn ich nach rechts gucke, liegt da doch ein weißes Stück Stoff im Regal. Musik.
(Lieber Nachbar)
Auf der Treppe stürzst Du hoch, stockst, fragst. Warum fragst Du, wenn Du was zu sagen hast, rede nicht nur so, wenn Du Fragen hast. Bist Du schüchtern, so wie ich, weil Du siehst und hören kannst, Deine Augen sind neugierig, Deine Augen machen Fotos, auch ohne Kamera, sie alle lieben Deine Augen. Und die Wände sind dünn in unserem Haus, wir alle wissen das, dazu braucht es nicht mal Schüsse.
Alles ist ok, tatsächlich geht es mir gut, Du siehst es nur nicht, Du kennst mich nicht.
Mit der Peperoni auf der Zunge zergeht dann auch der letzte Rest narzisstisch rumgedingter Egomanie; scharfes Essen ist gut für den Bauch oder auch für die Verdauung, wie auch immer. Mit mir kann man es sich eigentlich ganz einfach machen, ganz bequem, gebe mir was leckeres zu essen und genieße neue Ausgeglichenheit. Einfach ist es ja doch nicht, bequem will ich nicht. Das viele Arbeiten ist es, das viele Arbeiten macht dünnhäutig, das klingt irgendwie nach Elefant. Nur gehe ich deshalb nicht früher schlafen, ich hätte nichts mehr vom Tag, vom Abend, an dem es kühler wird, ohne Abend geht es mir nicht gut. Gebe mir ein Uhr nachts und Du bekommst mich warm. Wenn es dunkel wird, wenn der Himmel blau und schwarz wird und das Licht hier gelb so gelb ist und der Bass über die weißen Wände rollt und das Klavier drüber tupft, ist es gut, es ist gut. Hier, dort und dazwischen Knistern, eine leere Flasche dort und ein offenes Fenster hier, dazwischen Knistern, von einer Schallplatte auch, zwischen wilden Herzen auch Knistern und Rauschen, Flüstern und Lauschen. Musik, wenn sie nahe ist, ist sie wie ein langer Kuss.
Aufwachen und Kaffee trinken und Radio einschalten und dieses hören und aus Fenster schauen und aktualisieren klicken und a little bit thinking of you und Sonntagmorgen patentieren.